Dieser Beitrag wurde für den Wettbewerb Fast Forward Science 2024 (https://www.fastforwardscience.de/) eingereicht. Du kannst den Beitrag auf Apple Podcasts, Spotify und den üblichen Podcast-Plattformen bewerten und/oder kommentieren. #FFSci #AudioAward #BestesDebutAudio
Die Umweltepidemiologin Prof. Dr. Barbara Hoffmann erklärt im Gespräch, auf welche Weise Luftverschmutzung schädlich für den menschlichen Körper ist, wie groß das Problem ist, wie epidemiologische Forschung zu Luftverschmutzung angestellt wird und was Regierungen tun können.
Themen sind:
- die verschiedenen Luftschadstoffe und ihre Quellen,
- die pathophysiologischen Mechanismen, die für die schädlichen Effekte auf die verschiedenen Organe verantwortlich sind,
- wie schädlich selbst kurzfristige Exposition zu Luftschadstoffen ist und von welchen gesundheitsschädlichen Verhalten eher abzuraten ist,
- die Anzahl der frühzeitigen Todesfälle durch Luftverschmutzung,
- wie sich die epidemiologische Forschung von frühen Zeitreihenstudien zu modernen Kohortenstudien entwickelt hat,
- die Form der Dosis-Wirkungs-Beziehung von Luftverschmutzung und
- politische Implikationen für unter anderem städtische Entwicklung, EU-Grenzwerte und Sektorenvorgaben.
Ressourcen
Übersichtsartikel
- WHO-Richtlinien
- Der Artikel zu Luftverschmutzung von Our World in Data gibt mit vielen Diagrammen einen guten Überblick über das Ausmaß des Problems, regionale Unterschiede und die Ursachen.
- Prof. Dr. Barbara Hoffmanns Präsentation bei der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie liefert eine Zusammenfassung zu den Haupterkenntnissen der Luftverschmutzungsforschung.
Fachartikel
- Übersicht
-
- Der Artikel Air pollution deaths attributable to fossil fuels: observational and modelling study im British Medical Journal zeigt auf: Ein vollständiger Verzicht auf fossile Brennstoffe würde circa 5 Millionen vorzeitige Todesfälle pro Jahr verhindern.
- Laut der im Lancet erschienenen Studie Pollution and health: a progress update gehen circa 6,7 Millionen frühzeitige Tode pro Jahr auf Luftverschmutzung zurück.
- Effekte selbst geringer Level von Luftverschmutzung
- Der Artikel How low can you go? macht deutlich: Die Dosis-Wirkungs-Kurve für Luftverschmutzung ist besonders steil im niedrigen Bereich.
- Der Artikel Blue Skies Bluer? fragt angesichts der besonders steilen Dosis-Wirkungs-Kurve im niedrigen Bereich, ob ein guter Policy-Ansatz sein könnte, bereits relativ wenig verschmutzte Orte noch sauberer zu machen. Er argumentiert auch, dass die Form der Dosis-Wirkungs-Kurve für Luftverschmutzung impliziert, dass niedrigere Grenzwerte ökonomisch effizient sind als es bei einer linearen Dosis-Wirkungs-Kurve der Fall wäre.
- Die Erkenntnisse zu niedrigen Verschmutzungslevels aus der im Podcast angesprochenen ELAPSE-Kohortenstudie sind hier und hier nachzulesen.
- Effekte auf menschliche Kognition werden in dieser Meta-Analyse für die Schadstoffe Feinstaub, NOx und Ozon diskutiert. Eine einzelne Studie mit einem raffinierten Studiendesign, das sich natürliche Variationen in der Windrichtung zunutze macht, um Effekte von Luftverschmutzung auf die Resultate amerikanischer Schüler bei standardisierten Tests zu untersuchen, ist diese – gleichwohl mit viel weniger robusten Erkenntnissen als Meta-Analysen sie liefern.
- Die Effekte von Partikeln aus Innenraum-Aktivitäten wurden in der im Podcast angesprochenen EPIA-Studie untersucht (Download-Link für eine Präsentation zu dieser Studie; Studie).
- Verlinkt sei an dieser Stelle außerdem das akademische Profil von Prof. Dr. Barbara Hoffmann.
Kapitelmarkierungen
[00:00:00] Intro & beruflicher Werdegang
[00:04:34] Übersicht der Luftschadstoffe und ihrer Quellen
[00:16:05] Pathophysiologie – schädliche Wirkungen von Luftverschmutzung im menschlichen Körper
[00:25:06] kurzfristige Effekte von Luftverschmutzung in Innenräumen auf den menschlichen Körper, EPIA-Studie, Kamine
[00:38:25] Verlust an Leben
[00:42:50] epidemiologische Forschung zu Luftverschmutzung – Historie und Ansätze
[00:53:26] Dosis-Wirkungs-Beziehung von Luftverschmutzung – ELAPSE-Kohortenstudie
[01:00:08] politische Implikationen für Grenzwerte, Sektorenvorgaben und städtische Maßnahmen
[01:17:25] Europäische Union – aktuelle Entwicklungen bei Grenzwerten
Transkript
[00:00:08] Stephan Dalügge: Ich bin heute bei der Umweltepidemiologin Frau Prof. Barbara Hoffmann, um über die negativen Effekte von Luftverschmutzung auf menschliches Wohlergehen zu sprechen. Frau Professor Hoffmann, willkommen erst einmal. Warum forschen Sie zu Luftverschmutzung und wie schaut Ihr beruflicher Werdegang, der Sie zu dieser Forschung führte, aus bisher?
[00:00:27] Barbara Hoffmann: Erstmal vielen Dank für die Einladung hier mitzumachen bei dem Podcast. Ja, wie war mein Werdegang und was hat mich hier in die Umweltepidemiologie gebracht? Ich habe von Haus aus erst einmal Medizin studiert. Und da hat mich bereits die Atmung und die Lunge sehr interessiert. Ich habe also auch meine Doktorarbeit dann zu einem Thema über die Lunge, wie die Lunge funktioniert, geschrieben. Und zusätzlich kommt hinzu, ich komme aus dem Ruhrgebiet, bin im Ruhrgebiet aufgewachsen, wo damals, als ich aufgewachsen bin, die Luft wirklich noch sehr schlecht war, wenn wir als Kinder draußen gespielt haben.Barfuß hatten wir nachher immer schwarze Füße, die man also kaum sauber gekriegt hat.
Und dazu kommt noch: mein Bruder hatte ein relativ schweres Asthma. Und das hat irgendwie so zusammengebracht, dass ich mich immer für die Lunge interessiert habe, dass ich mich auch immer für die Luft interessiert habe. Ich habe das auch immer riechen können, wenn die Luft schlecht war, wenn die ganzen Kamine in den Häusern an waren für die Heizung. Damals wurde überall noch mit Kohle geheizt. Das fand ich schon immer unangenehm. Ja, und das hat dann irgendwie dazu geführt, als sich die Situation ergab. Ich habe also erst in einer Lungenklinik gearbeitet, wo ich eben auch viel mit Leuten zu tun hatte, die durch die Belastung unter Tage Lungenerkrankungen hatten.
Ja und dann bin ich in die Epidemiologie gekommen. Und da war dann relativ schnell das Thema Umwelt und Gesundheit: Wie also die Umwelt die Gesundheit belastet und speziell wie die Luft die Gesundheit belasten kann, ist dann sehr schnell zu meinem Thema geworden.
[00:02:07] Stephan Dalügge: Sie haben also erst noch praktiziert. Hat die Epidemiologie Sie einfach sehr interessiert oder dachten Sie sich, steckte da so ein Kalkül dahinter, dass Sie vielleicht mehr Gutes tun, wenn Sie in die Forschung gehen und deswegen haben Sie dann den Master of Public Health gemacht und forschen jetzt?
[00:02:19] Barbara Hoffmann: Ja, also die Arbeit in der Klinik hat mir auch viel Spaß gemacht, also mit den Patienten umzugehen. Aber ich hatte immer so das Gefühl, das ist so ein bisschen Sisyphus-Arbeit:
Man hat einen Patienten da und man bemüht sich total darum – also ich habe in der Inneren gearbeitet – und man bemüht sich darum, dass es dem Patienten oder der Patientin wieder besser geht und hat dann mit den Tabletten und mit allem Möglichen rum jongliert und sich total Mühe gegeben und dann ging es den Patient:innen wieder besser und wir haben sie nach Hause entlassen. Und zwei Wochen später waren sie wieder in der Notaufnahme mit Luftnot oder mit dicken Beinen, weil das Herz nicht mehr richtig funktioniert hat. Und ich habe mir gedacht: Mein Gott, es muss doch irgendwie eine Möglichkeit geben, zu verhindern, dass sowas immer zu passiert?! Und so bin ich dann in die Epidemiologie geraten. Dass ich also mich dafür interessiert habe: Wie kann man Krankheiten oder auch Verschlechterungen von Krankheiten verhindern oder die Häufigkeit zumindest reduzieren?
[00:03:19] Stephan Dalügge: Okay, spannend. Also schon die Einsicht, dass es vielleicht ein größerer Hebel sozusagen ist. Ist das der häufigste Weg? Sind Ihre Kolleginnen und Kollegen auch in der Regel Mediziner, die dann noch Public Health danach studiert haben?
[00:03:34] Barbara Hoffmann: Nein, würde ich jetzt nicht sagen. Also Epidemiologie und Public Health ist eigentlich, ich sag mal, ein relativ buntes Fach. Da sind Leute mit den unterschiedlichsten Hintergründen und Ausbildungen und Studiengängen. Natürlich die etwas naturwissenschaftlicheren Bereiche, also Biologen sind öfter dabei, natürlich auch Ärztinnen und Ärzte, aber auch viele, die aus dem sozialwissenschaftlichen Bereich kommen. Oder speziell jetzt, wenn es um die Luftverschmutzung Epidemiologie geht, da sind auch viele dabei, die aus den Geowissenschaften kommen und sich mit der Messung und Modellierung von Luftqualität beschäftigen. Also es ist wirklich ein sehr buntes Völkchen. Was wir außerdem natürlich auch immer brauchen, sind Statistiker:innen. Ja, also ein sehr, sehr buntes Volk, was wir hier haben.
[00:04:27] Stephan Dalügge: Für viele, vielleicht auch junge Leute, die uns zuhören, eine Überlegung, ob man da reingeht und mit verschiedenen Hintergründen offen.
Vielleicht führen Sie uns einmal durch die verschiedenen Luftschadstoffe und ordnen die in ihrer relativen Wichtigkeit hinsichtlich der Gesundheit ein.
[00:04:45] Barbara Hoffmann: Also vorneweg erstmal, weil das gerade jetzt, wo wir viel über Klima reden, immer wieder aufkommt: Es gibt klimawirksame Gase. Dazu gehört, eines der wichtigsten und bekanntesten, das CO2. Und es gibt Luftschadstoffe. Das sind aber unterschiedliche Dinge. Die Klimagase, also jetzt speziell CO2, macht jetzt in den Konzentrationen, wie wir sie haben, nichts an der Gesundheit. Also, das ist kein Luftschadstoff, sondern ein Klimagas. So, wenn wir jetzt über die Luftschadstoffe sprechen, zu den Partikeln: Bei den Luftschadstoffen gibt es einerseits die Stäube, das sind so feste oder flüssige Partikelchen in der Luft, und es gibt die Gase. Die Stäube, die teilt man ein nach Größe. Und zwar gibt es so typische Größenfraktionen, die gemessen werden und die auch reguliert werden.
Das sogenannte PM10, das steht für Particulate Matter, also Feinstaub. Und das 10 steht für kleiner 10 Mikrometer im Durchmesser. Also alle Teilchen in der Luft, die kleiner 10 Mikrometer sind. Dann gibt es das PM2,5. Das ist dann analog kleiner 2,5 Mikrometer. Und dann gibt es noch die sogenannten Ultrafeinstäube. Das sind die, die kleiner 100 Nanometer sind. So zum Vergleich: Ein menschliches Haar hat ungefähr die Dicke von 40 Mikrometern, also deutlich dicker.
[00:06:10] Stephan Dalügge: Und selbst Licht hat 400 bis 700 Nanometer. Also die…
[00:06:14] Barbara Hoffmann: … die Wellenlänge, ja …
[00:06:15] Stephan Dalügge: … die Wellenlänge.
[00:06:15] Barbara Hoffmann: Ja, okay. Also das sind die Partikelchen mit ihren drei wichtigsten Größenfraktionen. Und dann gibt es die Gase. Und die wichtigsten Luftschadstoffgase, die wir messen und regulieren, sind einmal Stickstoffdioxid, berühmt geworden durch den Dieselskandal in Deutschland, weil Stickstoffdioxid eben unter anderem also bei jeder Verbrennung produziert wird, aber eben vor allen Dingen aus den Diesel-Kraftfahrzeugen kommt. Also Stickstoffdioxid, dann Schwefeldioxid und Ozon. Das sind so die wichtigsten, die wir auch in Europa regulieren.
[00:06:51] Stephan Dalügge: Danke erstmal. Wir reden jetzt, denke ich, in diesem Gespräch hauptsächlich über die Feinstäube, über Particulate Matter, weil bei den Studien, bei allem, was ich gelesen habe, immer herauskommt, dass die eigentlich für die meisten Gesundheitseffekte verantwortlich sind. Kann man das so sagen? Und können Sie einmal so die Größenordnung geben?
[00:07:10] Barbara Hoffmann: Ja, also Feinstaub ist sicherlich, wenn man es so einteilen will, bei uns in unseren Regionen der wichtigste Schadstoff. Ich würde aber jetzt auch die anderen nicht einfach so abwiegeln. Die sind schon auch wichtig und nehmen auch zunehmend wichtigere Rollen ein. Vor allen Dingen auch das Ozon unter Klimawandelbedingungen. Aber wenn man das jetzt mal so vergleichen will, ist die Krankheitslast zum Beispiel, die durch Feinstaub ausgelöst wird, in Deutschland größer als die Krankheitslast, die durch Stickstoffdioxid oder Ozon ausgelöst wird.
Schwefeldioxid ist bei uns heutzutage kein großes Problem mehr, höchstens noch ganz lokal, wenn irgendwo tatsächlich nochmal Kohle verbrannt wird, kann es also ganz lokal nochmal irgendwie Probleme machen, ist aber bei uns in Deutschland flächendeckend eigentlich kein Thema mehr, seit die Kraftwerke alle Entschwefelungsanlagen haben.
[00:08:07] Stephan Dalügge: Was sind bei den anderen Schadstoffen die Hauptquellen?
[00:08:12] Barbara Hoffmann: Also für Feinstäube gibt es die großen Fünf. Das ist also einmal Industrie, Energieerzeugung, Hausbrand, Verkehr und die Landwirtschaft.
[00:08:29] Stephan Dalügge: Sind die auch ähnlich in ihrer Größenordnung oder dominieren Industrie und Energieerzeugung oder so?
[00:08:36] Barbara Hoffmann: Das kommt immer darauf an, wo man sich gerade befindet, was da dominiert. Also deutschlandweit gesehen sind diese großen fünf, die ich genannt habe, ungefähr so einzuordnen: Die größte Menge kommt aus der Landwirtschaft und die anderen vier Quellen sind dann ungefähr gleich. Wobei natürlich logisch ist, im Sommer haben wir weniger Feinstaub durch Heizung. Ist ja klar, weil dann wird nicht geheizt. Ja, und wenn ich in einer Region lebe, weit ab von industrieller Produktion, dann habe ich da in dieser Region natürlich auch nicht so viel Feinstaub durch Industrie. Und das Gleiche gilt für die anderen Sachen auch.
Was man bedenken muss: Feinstäube reisen über lange, lange Strecken. Ich weiß nicht, wer... Einige haben vielleicht im letzten Sommer das nachverfolgt, die Brände in Kanada, die ja riesige Mengen Feinstaub erzeugt haben. Die Abluftfahne von diesen Bränden ist bis nach Europa gekommen.
[00:09:36] Stephan Dalügge: Und Saharastaub kriegen wir auch immer wieder?
[00:09:38] Barbara Hoffmann: Richtig, Saharastaub, eine besondere Sorte von Staub, eben so aufgewirbeltes, ganz feines Erdkrustenmaterial. Das kriegen wir regelmäßig. Je nach Windrichtung bekommen wir auch den Staub aus den Kohlekraftwerken, in zum Beispiel Polen, zu uns rüber geweht und wenn die Windrichtung aus der anderen Richtung ist, dann weht der Staub aus den Kohlekraftwerken, zum Beispiel im Rheinischen Becken, über den Rest der Republik hinweg.
Also Feinstaub ist natürlich auch ein lokales Problem, aber er wird eben auch über hunderte bis tausende von Kilometern transportiert.
[00:10:18] Stephan Dalügge: Er wird verteilt, bleibt lange in der Luft und dann irgendwann stößt er gegen Oberflächen oder so und bleibt da dann haften. Und wir sehen ja nicht nur ständig anwachsende Konzentrationen.
[00:10:27] Barbara Hoffmann: Ja, also die Feinstaubpartikelchen, die stoßen ja auch aneinander und werden dann größer, die koagulieren und werden größer und sinken dann. Irgendwann…
[00:10:37] Stephan Dalügge: Irgendwann dann auch durch die Schwerkraft.
[00:10:38] Barbara Hoffmann: … sind sie so schwer, dass sie tatsächlich absinken. Dann ist es so, dass zum Beispiel durch Regen, sie natürlich auch dann aus der Luft gewaschen werden. Also es gibt schon Prozesse, die sie dann auch wieder zum Verschwinden bringen, aber im Prinzip können sie, wenn die Wetterbedingungen entsprechend sind, auch sehr weit getragen werden.
Und dann gibt es eben noch die Feinstäube, also einerseits gibt es die Feinstäube, die jetzt direkt entstehen, aus der Verbrennung zum Beispiel oder Aufwirbelung, wie bei einem Saharastaub. Aber dann gibt es auch noch die Feinstäube, die sich aus Vorläufersubstanzen bilden und das sind eben vor allem die Feinstäube aus der Landwirtschaft. Ammoniak wird in Form von Gülle auf das Feld ausgebracht. Das verdunstet dann und dann bildet das Ammonium in der Luft zusammen mit Stickstoffdioxid oder Schwefeldioxid Ammoniumnitrat oder Ammoniumsulfat. Und diese Sorte von Feinstaub – das dauert eine Weile, bis sich das so gebildet hat, weil das sind chemische Vorgänge – diese Art von Feinstaub legt sich quasi wie so eine Decke über’s ganze Land. Weil die Schadstoffe natürlich erst mal zueinander finden müssen und dann bilden sie diese kleinen Partikelchen, diese kleinen Salze, die dann mit der Zeit anwachsen. Und dieser Prozess dauert halt eine Weile und dann... Also vor dieser Sorte von Feinstaub ist eigentlich niemand sicher, weil der ist überall.
[00:12:00] Stephan Dalügge: Wir sollten einmal zwischen der natürlichen Belastung und der menschengemachten vielleicht unterscheiden. Manchmal haben vielleicht Menschen die Idee, dass das Natürliche weniger schlimm ist, aber Sahara-Feinstaub hat auch einen negativen Effekt, kann man sagen. Und vielleicht – korrigieren Sie mich – die eine natürliche Quelle, die keinen negativen Effekt haben könnte, könnten Meersalzkristalle sein?
[00:12:23] Barbara Hoffmann: Ja, also erstmal, was sind überhaupt natürliche Quellen? Also eins haben Sie schon genannt, das wäre zum Beispiel die Aufwirbelung von Erdkrustenmaterial. Das ist ja nicht nur Sahara-Feinstaub, sondern das kann auch von anderen… Auch bei uns, wenn es trocken ist, wenn wir eine Dürreperiode haben, wird auch bei uns Erdkrustenmaterial aufgewirbelt. Also das wäre eine natürliche Quelle. Dann Vulkanausbrüche, sind eine natürliche Quelle. Vegetationsfeuer…
[00:12:51] Stephan Dalügge: … zu dem Anteil, zu dem Sie natürlich sind…
[00:12:52] Barbara Hoffmann: Wie viel davon natürlich ist, genauso auch mit der Aufwirbelung in Trockenzeiten und in Dürren muss man sich auch fragen: Wie viel ist davon tatsächlich natürlich? Und dann ist es auch noch so, dass bestimmte Bäume von ihren Oberflächen so ätherische Öle quasi verdampfen. Die werden dann auch zu Partikelchen. Das wäre auch eine natürliche Quelle. Und natürlich das Meersalz, das wir vor allen Dingen bei Westwind bekommen, über den Atlantik und die Nordsee, das zu uns geweht wird. Was davon jetzt wie gefährlich ist, ja, das ist immer eine gute Frage.
Beim Meersalz, da denke ich, könnte man noch am ehesten sagen: Da ist jetzt wahrscheinlich an Gesundheitswirkungen nicht so viel zu erwarten. Aber ansonsten ist es so, dass auch die so genannten natürlichen Feinstäube nicht harmlos sind. Es ist sehr schwer, die Wirkungen der einzelnen Quellen zu untersuchen, denn es ist ja nicht so, dass diese Quellen, also die Feinstäube, da allein in der Luft auftauchen und dann vielleicht auch noch dran steht: „Ich bin aus dem Wasser” und „Ich bin von der Sahara” und „Ich bin aus der Industrie”, sondern wir können ja immer nur messen, so die Gesamtmenge von Feinstaub. Wenn wir dann versuchen herauszufinden, aus welcher Quelle das ist, dann messen wir zusätzlich noch die elementare Zusammensetzung. Aber auch da gibt es Überlappungen, weil die gleichen Elemente zum Teil in der Erdkruste wie auch in der Verbrennung dann erscheinen.
Also, das ist alles nicht so perfekt zu trennen. Bisher ist es so, von den ganzen Studien, die gemacht wurden, um die quellenspezifische Gefährlichkeit zu untersuchen, die deuten eigentlich alle darauf hin, dass Verbrennung auf jeden Fall sehr schlecht ist, aber dass es auch keine Quelle gibt, die man als harmlos bezeichnen könnte.
[00:14:45] Stephan Dalügge: Und die Schwierigkeit ist: Wir bräuchten auch… Das verteilt sich alles und wir bräuchten dann auch Unterschiede, um lokale Variationen, um gut beurteilen zu können, welcher Schadstoff gefährlicher ist.
[00:14:56] Barbara Hoffmann: Ja, wir haben natürlich lokale und zeitliche Variationen in bestimmter Weise. Aber die Studien sind halt sehr aufwendig. Um das dann wirklich quellenspezifisch zu machen, das ist viel aufwendiger und teurer, als wenn wir, ich sag mal in Anführungsstrichen, einfach nur die Masse messen. So wie das in der Regulierung überwiegend stattfindet und wie wir es auch in den Studien überwiegend machen.
In dem Moment, wo wir versuchen, das quellenspezifisch zu machen, wird es viel aufwendiger und teurer. Und ungenauer. Es gibt diese Studien, aber wie eben schon gesagt, die Ergebnisse sind jetzt nicht so eindeutig, dass man sagen könnte: Diese Sorte von Feinstaub ist jetzt die schlimmste und die anderen sind harmlos, sondern es ist so: Wir sind uns ziemlich sicher, dass alles, was aus der Verbrennung kommt, wirklich nicht [gut]… also toxisch ist, schlecht ist. Und wir sind uns relativ sicher, dass auch die anderen Quellen, dass die nicht harmlos sind. Außer vielleicht das saubere Meersalz.
[00:16:08] Stephan Dalügge: Vielleicht, bevor wir über das Ausmaß insgesamt, ausgedrückt in Lebensjahren oder in vorzeitigen Toden, sprechen, können Sie uns einmal mitnehmen auf sozusagen die Reise eines Staubpartikels im menschlichen Körper? Wie macht es dann Schaden im Körper?
[00:16:26] Barbara Hoffmann: Okay, die Reise eines Partikels im Körper. Also erst mal atmen wir das ein. Das ist schon mal wichtig. Ja, und erst mal, wie viel atmen wir davon ein? Um da mal so ein Gefühl dafür zu kriegen: Wir sind jetzt hier in Düsseldorf, wenn wir uns an so einem grauen Tag mit nicht so gutem Wetter draußen an die Hauptstraße hier stellen, dann atmen wir mit jedem Atemzug so ungefähr drei Millionen Teilchen ein. Die meisten davon sind ganz, ganz feine Teilchen. Je nach Größe der Teilchen kommen die unterschiedlich tief, wenn wir sie einatmen. Die größeren, die PM10, von denen ich am Anfang gesprochen hatte, die werden zum großen Teil schon in den oberen Atemwegen und in der Luftröhre…. Ja, scheiden die sich ab, also bleiben da sozusagen an der Schleimhaut kleben und können da vor Ort natürlich Gesundheitseffekte auslösen, das erzähle ich dann gleich.
Die kleineren PM2,5, die kommen bis in die tieferen Atemwege und die ganz kleinen, kleiner als ein Mikrometer und dann speziell die ultrafeinen, kleiner 100 Nanometer, die kommen bis in die Lungenbläschen. Und von dort können die ultrafeinen Partikel sogar durch die Luft-Blut-Schranke hindurch wandern und in die Blutbahn gelangen. Über die Blutbahn geht dann die Reise in alle Organe, inklusive das Gehirn, wo dann eben direkte Effekte durch diese Stäube in, im Prinzip allen Organen, ausgelöst werden können.
[00:18:04] Stephan Dalügge: Vielleicht gehen wir mal durch ein paar Effekte in ein paar Organen. Welche Krankheitsbilder kann es in der Lunge machen?
[00:18:11] Barbara Hoffmann: Also, erst mal da, wo die Partikelchen hinkommen. Was passiert dann? Was machen die da? Egal, wo sie jetzt landen, ob in den oberen Atemwegen, in den unteren oder in die Organe geraten: Dort vor Ort können sie oxidativen Stress auslösen. Das heißt, es entstehen Sauerstoffradikale und die sind schlecht fürs Gewebe, die…Ja, verwunden das Gewebe. Und als Reaktion reagiert der Körper mit einer Entzündungsreaktion.Der will also natürlich die Partikel am liebsten auffressen und sie dadurch eliminieren, beziehungsweise er will die Auswirkungen der Partikel wegräumen.
Das heißt: Wir haben also einerseits diesen oxidativen Stress und wir haben andererseits eine entzündliche Reaktion. Diese entzündliche Reaktion, die geht auch immer damit einher, dass weitere Entzündungsmarker ausgeschüttet werden von den Entzündungszellen, die da angezogen werden. Und diese Entzündungsmarker gehen ins Blut und können dann eben auch im Prinzip an den Blutgefäßen und auch an jedem Organ entsprechende niedrige Entzündungsreaktionen auslösen. Das heißt, das ist also schon mal ein Haupteffekt. Wir sehen so einerseits eine lokale Entzündung in der Lunge, im Lungengewebe. Das ist nicht so wie eine Lungenentzündung durch ein Bakterium, wo man hohes Fieber bekommt. Das merkt man selber, wenn man gesund ist, gar nicht. Aber wir können das mit ganz feinen Messmethoden erkennen, dass die Entzündungsaktivität hoch und runter geht, je nach Luftverschmutzung.
Ja, und dann sehen wir eben die Entzündungsreaktion auch im Blut. Auch hier wieder nur mit ganz feinen Methoden überhaupt messbar. Ja, und was sieht man dann in den Organen? Fangen wir mal in der Lunge an. Durch diese immer wiederkehrenden Entzündungsreaktionen verändert sich die Lunge. Im Kindesalter, wenn das passiert, wird dadurch auch das Wachstum der Lunge beeinträchtigt, die Lunge wächst nicht so gut, dann wird die Immunabwehr beeinträchtigt, sowohl in der Lunge als wichtiges Eintrittsorgan, aber auch in anderen Organen, sodass es vermehrt Entzündungen gibt, vermehrt Bronchitis, aber auch vermehrt dann tatsächlich richtige Lungenentzündungen, vermehrt Covid, das haben wir auch gesehen, ein ganz, ganz starker Zusammenhang. Also es gibt dann auch vermehrt Entzündungen. Das Immunsystem wird auch fehl gelenkt, sodass mehr Allergien und Asthma entsteht. Ja, und die Partikel sind außerdem krebserregend. Das heißt, wir sehen, es entsteht auch mehr Lungenkrebs. Das ist also erst mal das, was in der Lunge passiert. Aber die Lunge ist ja nicht das einzige Organ. Wir haben ja noch ein paar mehr.
Wie sieht es mit dem Herz-Kreislauf-System aus? Die Blutgefäße werden geschädigt durch die Luftverschmutzung. Auch die Blutgefäße können sich entzünden, können dann vermehrt Plaques bilden. Das ist das, was man bei der koronaren Herzerkrankung zum Beispiel kennt. Oder auch wenn jemand die Schaufensterkrankheit hat und weil die Durchblutung der Beine nicht mehr so gut funktioniert. Also vermehrte Bildung von Atherosklerose, das sind diese Plaques in den Blutgefäßen. Dann löst das natürlich eine ganze Menge Folgen in den Organen aus. Also das Herz, wenn im Herzen so eine Atherosklerose stattfindet, also an den sogenannten Koronargefäßen, das sind die das Herz durchbluten, dann kann es zum Herzinfarkt kommen. Beziehungsweise langfristig, wenn das immer wieder passiert, kommt es zu einer Herzschwäche. Dann ist es so, durch diese Entzündungsreaktion, die wir da haben, verändert sich auch das ganz feine Gleichgewicht zwischen Bildung von Blutgerinnseln und Auflösung von Blutgerinnseln, hin dazu, dass wir mehr Bildung von Blutgerinnseln finden. Wenn wir jetzt langfristig eben durch die hohe Luftverschmutzung auch vermehrt eine Verengung der Herzkranzgefäße sehen und dann noch dazu kommt, dass sich dieses Gleichgewicht zwischen Blutgerinnselbildung und Auflösung verschiebt, dann erklärt sich dadurch, wieso wir zum Beispiel an Tagen mit hoher Luftverschmutzung vermehrt Patienten mit Herzinfarkten sehen.
[00:22:26] Stephan Dalügge: Sind chronische Effekte davon dann sowas wie ein erhöhter Blutdruck und das Akute wäre, dass wenn durch diese Gerinnsel ein Herzgefäß blockiert ist, dann kommt es zum Herzinfarkt, im Gehirn macht es einen Schlaganfall?
[00:22:45] Barbara Hoffmann: Genau.
[00:22:26] Stephan Dalügge: Und das sehen wir an verschmutzten Tagen, dass die häufiger sind?
[00:22:45] Barbara Hoffmann: Genau.
[00:22:45] Stephan Dalügge: Okay.
[00:22:45] Barbara Hoffmann: Genau, ja, das ist der Herzkreislauf und im Hirn sehen wir eben auch diese vermehrten Schlaganfälle. Dann sehen wir aber auch, dass das Hirn durch diese chronische entzündliche Reaktion gestört wird und früher eine Demenz eintritt. Generell, dass das Hirn auch gestört wird in seiner Funktion, macht sich bemerkbar, dass Kinder, die unter hoher Luftverschmutzung leben, einen langsameren Anstieg ihrer kognitiven Funktionen haben als Kinder, die in sauberer Luft leben. Und bei Erwachsenen sehen wir, dass die kognitiven Funktionen dann schneller nachlassen und dass dann häufiger und früher eine Demenz auftritt. Das ist also ein wichtiger Effekt am Kopf. Ja, und dann noch, was wir auch noch sehen, ist, dass der Stoffwechsel gestört wird, dass es vermehrt zu einer Ausbildung von Diabetes kommt. Und wir sehen sogar, dass das ungeborene Leben beeinträchtigt wird, dass also die Kinder, deren Mütter unter hoher Luftverschmutzung leben, kleiner sind, dünner sind, niedrigeren Kopfumfang haben und eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, dass sie zu früh geboren werden.
[00:24:06] Stephan Dalügge: Kennen wir den Mechanismus für die letzten beiden Sachen? Also die Blutgefäße, die Effekte, kann man sich vielleicht ein bisschen besser vorstellen, als wie das solche metabolischen Effekte macht?
[00:24:16] Barbara Hoffmann: Ja, die metabolischen Effekte, also Stoffwechsel, Auslösung von Diabetes, das geschieht am ehesten über auch die entzündliche Reaktion, die dann dazu führt, dass der Körper eher in so einer – wir nennen das prädiabetischen – Position ist. Das wird durch diese chronischen Entzündungen ausgelöst. Und die Wirkungen auf das ungeborene Leben, auch da ist wieder am wichtigsten… sind wahrscheinlich entzündliche Vorgänge, unter anderem in der Plazenta. Wir haben also auch gesehen, dass die Partikel in der Plazenta zum Teil zu finden sind mit Entzündungsreaktionen und dadurch einfach die Versorgung des Kindes gestört wird. Das ist auch ganz ähnlich wie bei Raucher:innen, deren Kinder wachsen ja auch nicht so gut und sind kleiner, leichter…
[00:25:03] Stephan Dalügge: … mehr Frühgeburten,
[00:25:04] Barbara Hoffmann: … und haben mehr Frühgeburten, ja.
[00:25:05] Stephan Dalügge: Es entwickelt sich nicht so gut und so weiter. Okay.
Sie haben einmal an einer Laborstudie mitgewirkt, EPIA, wo Sie so kurzfristige Effekte auf ein paar Bioparameter gemessen haben. Vielleicht können Sie darauf einmal kurz eingehen?
[00:25:20] Barbara Hoffmann: Ja, bei der EPIA-Studie ging es speziell darum, erstmal zu gucken: Im Innenraum, welche wichtigen Quellen von Ultrafeinstäuben haben wir da? Das war der erste Teil der Studie, da wurden also verschiedene potenzielle Quellen untersucht, also: Backen, Braten, Kochen, Verbrennen – also Kaminfeuer, Kerzen – alles mögliche haben wir da nachgeguckt. Und dann haben wir geguckt… Wir haben uns dann vier Quellen rausgesucht, die man relativ gut standardisieren konnte. Und dann haben wir Probanden in eine Kammer gesetzt und diese Quellen dann immer abwechselnd betrieben. Also an einem Tag gab es zwei Stunden lang Kerzen und an einem anderen Tag gab es zwei Stunden lang... Wurde getoastet und gebraten. Und dann hatten wir auch immer noch einen Tag, an dem wir eine Placebo-Exposition hatten, wo wir da eine vermeintliche Quelle hingestellt haben, die aber gar nichts imitiert hat.
Ja, und dann haben wir geguckt, wie die Leute kurzfristig auf diese Innenraumquellen reagieren und wir haben uns angeguckt: die Lungenfunktion und die Herzfunktion bzw. die Blutgefäße und auch die kognitive Funktion. Und was wir da gefunden haben, das war auch recht eindrücklich: Innerhalb von einer Stunde eigentlich, nach Beginn des Einatmens ging der Blutdruck hoch und die Blutgefäße, die normalerweise… Die Blutgefäße sind ja keine starren Rohre, sondern die können sich weiten, wenn es wichtig ist, die können sich aber auch zusammenziehen, wenn es wichtig ist. Und dieses schöne Spiel des Ausweitens und Zusammenziehens war gestört und die haben sich stärker zusammengezogen, als das eigentlich sein sollte und sind steifer geworden.
Das waren also Sachen, die konnte man innerhalb von ein bis zwei Stunden noch, während die da quasi in der Kammer saßen, konnte man schon sehen, dass der Blutdruck hochgeht. Und als sie dann aus der Kammer kamen und wir die Steifigkeit gemessen haben, war die schon sofort erhöht. Also das passierte sofort. Und wir konnten auch sehen, dass die Lungenfunktion, ja, innerhalb von, ich glaube, zwei Stunden, nachdem die aus der Kammer rauskamen, ist die Lungenfunktion dann auch schlechter geworden.
[00:27:39] Stephan Dalügge: Gemessen mit so einem Belastungstest, oder?
[00:27:42] Barbara Hoffmann: Ja, mit einer sogenannten Spirometrie. Da atmet man in so ein Kästchen rein und muss so bestimmte Atemmanöver machen, also maximal kräftig ausatmen und maximal einatmen. Da wird dann gemessen, wie viel passt maximal in die Lunge und wie viel kann man in einer Sekunde maximal ausatmen.
Das sind also so Standardtests, die wir dann eben mehrfach, also einmal vorher und dann eben mehrfach nach diesen zwei Stunden, in der Expositionskammer durchgeführt haben.
[00:28:14] Stephan Dalügge: Erstmal, ich fand es auch spannend und eindrücklich, dass es so schnell passiert. Geben Sie unseren Hörerinnen und Hörern vielleicht mal einen Eindruck von den Konzentrationen, über die wir so reden. Also die Einheit, in der wir sprechen über Feinstaub, ist Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Draußen, je nach Tag, sind wir bei 10, 20. Drinnen kann es deutlich höher sein, durch solche Aktivitäten schon mal, nicht?
[00:28:40] Barbara Hoffmann: Ja, also erstmal die größeren Feinstäube, die ich eben beschrieben hatte, PM10 und PM2,5, von denen messen wir typischerweise die Masse. Also, die werden gesammelt und gewogen. Und da ist so eine typische Höhe der Belastung, ich sag mal, in Deutschland ist der Mittelwert über alle Regionen hinweg, der liegt jetzt zur Zeit ungefähr bei 12 Mikrogramm pro Kubikmeter. In bestimmten Regionen kann das auch deutlich mehr sein, also zum Beispiel in der Innenstadt einer Großstadt, kann auch da der Wert, der Jahresmittelwert wohlgemerkt, so bei 15 bis 20 Mikrogramm pro Kubikmetern liegen. In stark belasteten Regionen, also nehmen wir mal an… Ja, viele haben vielleicht noch die Bilder von früher, wie es in China aussah oder wie es jetzt auch schon mal, wie es häufig indien aussieht – da sehen wir ja manchmal so erschreckende Bilder – die haben dann Konzentrationen von 100, 200 Mikrogramm pro Kubikmeter PM2,5. Manchmal auch noch höher.
Was die WHO empfiehlt, jetzt aktuell für PM2,5, sind 5 Mikrogramm pro Kubikmeter. Also die Belastung sollte idealerweise nicht höher sein als 5 Mikrogramm pro Kubikmeter. Unser derzeitig gültiger gesetzlicher Grenzwert liegt allerdings bei 25 Mikrogramm pro Kubikmeter, also fünfmal höher. Der Grenzwert wird zurzeit aber überarbeitet und wir hoffen, dass er sich etwas besser an die wissenschaftliche Evidenz anpasst in der Zukunft.
Das war jetzt für PM2,5 oder für PM10, also wo die Masse gemessen wird. Wenn wir uns jetzt die ultrafeinen Partikel angucken, da messen wir nicht die Masse, weil die so fein sind, dass die kaum Masse auf die Waage bringen, sondern da messen wir die Anzahl. Üblicherweise pro Milliliter wird die dann angegeben. Und da sind so typische Zahlen: An einer großen Straße haben wir Belastungen von ungefähr 10.000 Teilchen, ultrafein Teilchen, pro Milliliter. Im Hintergrund im Wald sind wir vielleicht bei 2.000 Teilchen oder noch weniger pro Milliliter. Aber wenn man zum Beispiel im Zimmer 20 Kerzen anmacht auf dem Christbaum, dann ist man auch mal schnell im Bereich von 100.000 Teilchen pro Milliliter. Oder wenn man sich in der Nähe eines Flughafens in der Abwindfahne vom Flughafen befindet, kann man auch mal schnell 50.000 bis 100.000 Partikelchen pro Milliliter messen. Also es ist sehr unterschiedlich und auch an einer großen Straße, wenn da jetzt gerade Stau ist und viele Autos und auch Lastwagen vorbeifahren, kann man auch schnell mal 100.000 Partikelchen pro Milliliter messen.
[00:31:45] Stephan Dalügge: Von welchen Aktivitäten könnten Sie Menschen abraten in Innenräumen, basierend auf den Erkenntnissen?
[00:31:52] Barbara Hoffmann: Ja, alles, was brennt, sollte man besser lassen.
[00:31:55] Stephan Dalügge: Selbst den Kamin, oder? Ich glaube… Früher dachte ich, bevor ich jetzt dazu recherchiert habe, dass das externalisierte Kosten sind. Aus dem Kamin verpestet man sozusagen die Luft für alle. Aber ich glaube, die Abdichtung, selbst wenn es geschlossen ist, ist nicht so gut, dass man drinnen niedrige Level behält, sondern auch drinnen erhöht sich die Feinstaubkonzentration.
[00:32:17] Barbara Hoffmann: Ja, Sie haben absolut Recht. Kamin anmachen macht zweierlei: Man verpestet die Luft draußen für die Nachbarn, aber man verpestet auch die Luft für sich selbst im Innenraum. Es ist praktisch… Also unter Laborbedingungen kann man die neuesten Kamine vielleicht so betreiben, dass im Innenraum nicht so viel ankommt. Aber ich glaube, es gibt wenig Leute, die einen Kamin zu Hause im Wohnzimmer unter Laborbedingungen betreiben. Das Holz ist selten ideal. Die Temperatur des Kamins, man feuert den ja oft erst abends an, das heißt, der ist kalt und wenn der kalt ist, ist der total ineffizient, dann zieht der Kamin auch noch nicht so gut. Dann kommt sehr viel im Innenraum an. Man muss nachfüllen, das heißt man muss ja zwischendurch auch mal öffnen. Dann… Die Dichtungen sind nicht immer optimal. Also es gibt genügend Gründe. Praktisch gesehen, wenn man ins Feld geht und schaut, wie sind die Konzentrationen im Innenraum, wenn Kamine betrieben werden, die sind teilweise extrem hoch und man muss sich klar machen: Bei der Holzverbrennung entstehen ganz viel krebserregende Substanzen. Das heißt, was wir tatsächlich machen, wenn wir abends gemütlich vor dem Kamin sitzen: Wir haben vielleicht vorher irgendwie beim Bioladen ganz besonders gesunde Möhren eingekauft, die bloß keine Pestizide gesehen haben in ihrem Leben. Und dann setzen wir uns aber vor den Kamin und inhalieren einen ganzen Abend lang – und wenn wir dann nicht gut genug lüften, die ganze Nacht hindurch – krebserregende Substanzen in unseren Körper.
Und je nachdem, wenn unsere Nachbarn das natürlich dann auch alle machen und wir wollen dann abends zum Schlafen das Fenster im Schlafzimmer aufmachen, dann holen wir uns dann auch noch die Schadstoffe von außen rein ins Schlafzimmer. Also: Kamine sollte man besser auslassen.
[00:34:18] Stephan Dalügge: Ja, selbst aus egoistischen Gründen, selbst wenn man sagen könnte: Mir ist das egal, diese Externen...
[00:34:25] Barbara Hoffmann: Ja, selbst wenn einem die Nachbarn egal sind, sollte man sie für die eigene Gesundheit auslassen.
[00:34:30] Stephan Dalügge: Ja. In anderen Ländern haben wir es natürlich auch noch häufiger, dass gekocht wird, in dem, im schlimmsten Fall, Holz oder Kohle oder so verbrannt wird. Gas ist schon mal besser, aber auch nicht toll. Und jetzt bei unseren elektrischen Herden kann trotzdem noch Feinstaub in der Pfanne entstehen, wenn ich was zu scharf anbrate, oder?
[00:32:52] Barbara Hoffmann: Ja, das ist richtig. Also beim Kochen, das, was Sie zuerst genannt haben – die Beispiele in den Ländern, wo offen, ohne Abzug, mit Feststoffen gekocht wird, manchmal in der Kuhle am Boden, die Kinder sitzen drumherum – das ist natürlich eine absolute Katastrophe. Die Luftbelastung in diesen Räumen, die ist so extrem, das können wir uns hier, glaube ich, gar nicht mehr vorstellen. Und wir sehen die massiven Auswirkungen auf die Kinder, die Raten von Lungenentzündungen bei den Frauen und Kindern, die diesen Belastungen ausgesetzt sind, sind enorm. Langzeitauswirkungen, Bluthochdruck, solche Sachen. Es ist also nachgewiesen worden, die Auswirkungen sind wirklich katastrophal. Das heißt, es gibt in vielen Ländern inzwischen Programme, dass diese Kochstellen ersetzt werden durch modernere Öfen und Kochmöglichkeiten. Dann gibt es Programme, dass die dann ersetzt werden mit LPG-betriebenen Herden und alles Mögliche. Das ist ganz schwierig, weil da natürlich auch kulturelle Gewohnheiten vorliegen oder dass eben auch die Wartung der neuen Öfen dann nicht funktioniert. Also ganz, ganz schwieriges Problem. Aber sehr wichtig, dass man da vorankommt.
Bei uns jetzt, bei uns wird ja kaum noch mit Feststoffen gekocht. Das ist die große Ausnahme eigentlich. Elektroherd emittiert natürlich weniger als ein Gasherd, das ist klar. Der Gasherd emittiert eine Menge an ultrafeinen Partikeln. Aber der Kochvorgang selbst, ganz unabhängig davon, auf was für einem Herd jetzt der Topf oder die Pfanne steht, dadurch wird natürlich auch emittiert. Und das ist das, was wir unter anderem in dieser EPIA-Studie halt auch gesehen haben: Selbst eine leere Pfanne, je nach Typ der Pfanne, kann die ganz viel schon emittieren. Das hat was mit der Qualität und Machart der Pfanne zu tun.
Und wenn dann natürlich irgendwas reinkommt, was dann gebraten wird – Fette, Öle und natürlich dann das, was zu braten ist – dabei entstehen natürlich auch eine ganze Menge flüssige und feste Teilchen, die dann als sogenanntes Aerosol in der Luft erscheinen, die wir dann einatmen. Und bei der EPIA-Studie, da haben wir… Also eine Exposition, war das Braten von Würstchen. Hat zu ganz hohen Belastungen auch geführt und zu ganz deutlich erkennbaren Wirkungen auf die Funktionalität der Blutgefäße.
[00:37:26] Stephan Dalügge: Gleich doppelt ungesund. Das Fleisch in großen Ausmaßen und das Anbraten. Also was kann man Leuten raten? Abdecken, einen Abzug benutzen, der Luft nach außen führt und danach lüften?
[00:37:40] Barbara Hoffmann: Genau, ganz praktisch. Ich meine, man wird ja jetzt nicht aufhören zu essen. Das wäre jetzt auch nicht so gesund.
[00:37:45] Barbara Hoffmann: Sondern, ja… Gut ist es natürlich, wenn man einen Abzug hat, der nach draußen geht oder dann nach drinnen mit einem guten Filter. Wo es geht natürlich abdecken und dann lüften natürlich, wenn man fertig ist oder auch zwischendurch, wenn es geht und dann die Tür zu anderen Räumen zuhalten, damit das nicht, also die Stäube, sich da nicht in der ganzen Wohnung ausbreiten. Aber das sind so Dinge, denke ich, immer wenn man eine Quelle betreibt, auch wenn man Kerzen an hatte – ich meine, wir werden ja nicht alle aufhören, Kerzen zu brennen – aber wenn man die dann ausmacht, dann einfach lüften, dass die Luft wieder in Ordnung ist.
[00:38:27] Stephan Dalügge: Zoomen wir jetzt noch einmal heraus von diesen Quellen daheim zu den Effekten insgesamt. Wie viel Lebenszeit verlieren wir in Deutschland, in Indien zum Beispiel, wo das Problem nochmal schlimmer ist, an Luftverschmutzung?
[00:38:47] Barbara Hoffmann: Ja, diese Studien, worauf Sie sich jetzt beziehen, denke ich, das sind Studien, da geht es eigentlich um die Lebenszeit, die man durch die Luftverschmutzung in der Außenluft bekommt. Für Innenraumluft gibt es da sehr, sehr wenig nur, weil das viel schwieriger zu erfassen ist und die Studien sehr viel schwieriger zu machen sind. Das sind also jetzt alles Studien, die sich rein auf die Qualität der Außenluft beziehen. Und da ist es so in Deutschland – bei einer Luftqualität, die schon in den letzten Jahren deutlich besser geworden ist, aber eben immer noch relativ weit weg von dem, was die WHO empfiehlt – sehen wir so ungefähr zurzeit einen Lebenszeitverlust, oder viel mehr Todesfälle, ungefähr 50.000 bis 60.000 Todesfälle durch Feinstaub pro Jahr. Und ungefähr 30.000 bis 40.000 Todesfälle durch Stickstoffdioxid pro Jahr.
[00:39:51] Stephan Dalügge: Wie viel schlimmer, wenn Sie jetzt ungefähr einen Faktor nennen müssten, ist das in Ländern mit höherer Verschmutzung?
[00:39:59] Barbara Hoffmann: Vielleicht, zur Einordnung, kann man die Zahlen noch mal anders sich anschauen: Und zwar, was wir in Deutschland durch Luftverschmutzung verlieren, ist verglichen mit anderen Risikofaktoren in Deutschland zurzeit auf Platz acht. Die wichtigsten Risikofaktoren in Deutschland für Mortalität, also für die Sterblichkeit und auch für Erkrankungen, sind ein hoher Blutdruck, schlechte Ernährung mit zu viel Süßigkeiten, zu viel Fleischprodukten, zu viele hohe gesättigte Fettsäuren. Dann, Rauchen gehört zu den Top 5 in Deutschland und, wie gesagt, Luftverschmutzung liegt in Deutschland auf Platz acht. Weltweit liegt Luftverschmutzung auf Platz vier. Da ist nur Rauchen, schlechte Ernährung und hoher Blutdruck noch wichtiger als Luftverschmutzung.
So, wenn man jetzt das in Deutschland vergleicht mit zum Beispiel Indien… Da muss ich jetzt erst nochmal drüber nachdenken, die Zahlen für Indien habe ich nämlich jetzt nicht so parat. Aber es ist natürlich in Indien viel mehr, weil sie einfach viel höhere Luftverschmutzung haben, chronisch und akut. Ich hatte gesagt, bei uns liegt der Wert, je nachdem wo man wohnt, bei zwölf im Mittel in Deutschland, in den Städten bei 15 Mikrogramm pro Kubikmeter. Wie gesagt, in Indien haben wir Werte von 100. Da kann man sich überlegen, wie viel mal schlimmer das dann da ist.
[00:41:30] Stephan Dalügge: Wir sprechen gleich noch über die Dosis-Wirkungs-Kurve und die Effekte von niedriger Luftverschmutzung, aber wenn man jetzt ganz naiv rangehen würde und vermuten würde: „Das könnte linear sein, dann wäre es vielleicht zehnmal so schlimm.” Ganz so schlimm ist es nicht, weil das irgendwann abflacht, aber wahrscheinlich ist es drei-, vier-, fünfmal so schlimm oder so.
Vielleicht, um noch ein, zwei Zahlen zu nennen: Eine Kommission vom Lancet – großes, wichtiges Journal für medizinische Fachartikel – schätzt mehrere Millionen, 6,7 Millionen, frühzeitige Tode pro Jahr durch Luftverschmutzung.
Auch das British Medical Journal, da war kürzlich auch ein Artikel, der geschätzt hat, über fünf Millionen frühzeitige Tode könnten wir verhindern, wenn wir keine fossilen Brennstoffe verbrennen. Also ungefähr in der Größenordnung bewegen wir uns wahrscheinlich.
[00:42:19] Barbara Hoffmann: Richtig, und wenn man das jetzt vergleicht mit Rauchen zum Beispiel oder hohem Blutdruck, dann sind wir da bei – weiß ich nicht – die Zahlen sind glaube ich, so um die zehn bis 12 Millionen Todesfälle, die dadurch verursacht werden. Also Luftverschmutzung ist einer der ganz großen Killer auf der Welt, kann man nicht anders sagen.
[00:42:40] Stephan Dalügge: Ja. Eine Zahl vielleicht noch zum Kontext: Ich glaube, es gibt 60 Millionen Tode ungefähr jährlich. Da merkt man also, wir sind schon über zehn Prozent wahrscheinlich sogar. Gigantisch.
Erklären Sie uns einmal, wie die epidemiologische Forschung zu Luftverschmutzung sich über die Jahre entwickelt hat. Wie fing das an? Wo stehen wir heute? Wie machen wir die Studien? Von den frühen Zeitreihenstudien zu modernen Kohortenstudien?
[00:43:05] Barbara Hoffmann: Ja, wie fing das an? Ich sag mal, einer der Auslöser für diese Luftverschmutzung-Epidemiologie, wie wir sie heute kennen, waren die großen Ereignisse, die großen Smog-Ereignisse, im letzten Jahrhundert. Angefangen in den Ardennen, im Maas, im Tal der Maas, wo es also in 1930 – da in der Zeitung stand dann irgendwie Poison, Smog oder so ähnlich haben sie es genannt, in der Zeitung da – und dann in 1952 zu sehen in der Serie The Crown, wo in London The Big Smog [häufiger bezeichnet als The Great Smog] passierte, wo also innerhalb von wenigen Stunden die Luftschadstoffe massiv anstiegen, weil es zu einer Inversionswetterlage kam und alles, was am Boden da emittiert wurde, plötzlich nicht mehr nach oben hochsteigen konnte, sondern einfach am Boden blieb und die Leute das eingeatmet haben. Ja, das waren so die Auslöser, diese großen Ereignisse im letzten Jahrhundert.
Und da begann man dann wirklich standardisiert auch zu messen, über längere Messreihen und hat dann auch Gesundheitsfolgen damit in Verbindung gebracht. Also man sah dann zum Beispiel, dass mehr Kinder Asthmaanfälle oder sogenannten Krupphusten – so wurde es damals genannt – bekamen, wenn die Luftverschmutzung hoch war. Und dann hat man mit richtigen langdauernden Zeitreihenanalysen gearbeitet, wo man wirklich über Jahre und in großen Bevölkerungen sich angeguckt hat: Wie ist von Tag zu Tag die Belastung und wie viele sterben jeden Tag? Und dann hat man gesehen, immer wenn die Belastung höher war, dann sind mehr Leute gestorben und konnte dann da einen Zusammenhang errechnen für die Partikel, aber auch zum Beispiel für Stickstoffdioxid und Schwefeldioxid. Das waren so die frühen Studien, wo man dann eben die akuten Wirkungen gesehen hat.
Und dann gab es die ersten Studien, die kamen in den 90er Jahren raus, wo man sich zum ersten Mal, sich auch die Langzeitwirkungen angeguckt hat. Und eine der ganz berühmten Studien, die erste große Studie dazu, ist die Harvard „Six Cities“ study. Da hat man in den USA in sechs verschiedenen Städten die chronische Belastung gegenüber Feinstaub gemessen und man hat sich an insgesamt, ich glaube 7000 Probanden, die auf diese sechs Städte verteilt waren, man hat sich deren Lebensstil angeguckt und dann deren Mortalität untersucht und hat gesehen, dass die Leute, die eine hohe Luftverschmutzung in ihrer Stadt hatten, auch wenn man Rauchen und wenig Bewegung und Essen und all solche Dinge berücksichtigt hat, dass die Leute in der schlechten Luft trotzdem eine viel höhere Mortalität hatten als die, die in den saubereren Städten gelebt haben.
Und das war so eindrücklich, dieser Zusammenhang, den die Forscher da gesehen haben, dass sie sich erst gar nicht getraut haben, das zu publizieren, weil sie dachten: „Mein Gott, das kann ja gar nicht sein”, und haben erst noch eine zweite Studie gemacht, die das dann aber wieder genau so zeigte. Und dann haben sie es publiziert und das hat dann wirklich auch nochmal einen Schub dann an Entwicklung verursacht und danach begann halt wirklich im großen Stil sogenannte Kohortenstudien, das zu untersuchen. Und bei so einer Kohortenstudie nimmt man eine Bevölkerung, entweder man zieht die aus dem Einwohnermeldeamt zum Beispiel, man untersucht die, Und dann beobachtet man die über Jahre hinweg und schaut, was kriegen die für Erkrankungen und wer stirbt und kann das in Zusammenhang bringen mit der Luftverschmutzung an der Wohnadresse. Und kann dann schauen, inwieweit die Luftverschmutzung an der Wohnadresse mit diesen Neuerkrankungen und auch dem Versterben, wie das zusammenhängt.
Und das wird jetzt inzwischen im großen Stil gemacht. Wir haben zum Teil Studien mit mehreren Millionen Leuten, wo man sowas macht und wo man dann eben sehr fein jetzt auch bei sehr, also bei relativ niedrigen Belastungen tatsächlich die Effekte erkennen kann.
[00:47:15] Stephan Dalügge: Mittlerweile wird das ganz fein modelliert, oder? Früher, die ganze Stadt – und wir haben da einen Jahresmittelwert für die Stadt – und mittlerweile – leider nicht zugänglich für Privatpersonen, ich finde, das wäre wirklich spannend für Menschen, glaube ich, das mal zu sehen: „Wie schlimm ist das bei mir?” – modellieren sie für jeden. Ist der an einer großen Straße, ist der an einem Park und können deswegen noch detaillierter Aussagen treffen?
[00:47:40] Barbara Hoffmann: Genau, wir haben inzwischen ganz hervorragende Methoden, um für eine Gruppe von Tausenden oder Millionen von Teilnehmern, tatsächlich genau an deren Wohnort oder im Umkreis von 100 Metern die Langzeit-Luftschadstoffbelastung zu erfassen. Und zum Teil können wir das sogar für jeden Tag auch sagen. Das heißt, wir können dann unseren Probanden wirklich genau zuordnen, da wo der wohnt, der hat meinetwegen acht Mikrogramm und der Nachbar oder der Freund, der zwei Kilometer entfernt wohnt, der hat aber nur fünf Mikrogramm an seinem Wohnort oder ein anderer hat 15 oder 20. Und wir befragen die Leute auch bezüglich ihres Lebensstils und ihrer sonstigen Erkrankungen und können dann eben ganz fein das heute analysieren.
[00:48:36] Stephan Dalügge: Was Laien vielleicht sonst machen können, wenn sie das interessiert ist: Sie gucken, wie es bei den nächsten Messstationen ist, aber nicht jeder hat eine Messstation in seiner Nähe und kann so beurteilen, was die Belastung ist.
[00:48:46] Barbara Hoffmann: Ja, also bei den Messstationen muss man aufpassen, weil die stehen extra an ganz spezifischen Stellen. Es gibt einerseits die Messstationen, die am Verkehr stehen, die sogenannten Verkehrsstationen. Das wäre hier in Düsseldorf zum Beispiel die Station an der Corneliusstraße. Die sind direkt an einer Hauptverkehrsstraße und auf drei Meter Höhe, in aller Regel. Und die sollen wirklich Spitzenbelastungen abbilden, die zum Beispiel Leute einatmen, die in so einer Straße wohnen. Und davon gibt es ja viele. Ich meine, wir haben ja… In so einer Großstadt hier wohnen ja viele Menschen in solchen Situationen, wo eben eine stark befahrene Straße ein paar Meter von ihrer Haustür entfernt ist. Und diese Belastungen, die man da misst, sind aber 200 Meter weiter, wenn man in die Nebenstraße reingeht, sind die Belastungen dann schon wirklich deutlich niedriger. Dann haben wir typischerweise Messstationen, die im sogenannten urbanen Hintergrund, also städtischen Hintergrund, stehen. Das sind dann so Stadtteile, nicht in der Nähe von stark befahrenen Straßen, um so eine Durchschnittsbelastung für einen großen Teil der Bevölkerung zu erfassen. Und dann haben wir Messstationen, die auf dem Land sind, zum Beispiel hier in Nordrhein-Westfalen wäre das eine Messstation in der Eifel.
Und bevor man jetzt… Also wenn man sich jetzt diese Werte anguckt, die können zu einer Zeit, also in einer Stunde, sehr, sehr unterschiedlich sein. Und für die eigene Belastung muss man dann aufpassen: Wo bin ich denn jetzt eigentlich? Bin ich in einer Situation, wo ich stark Verkehrsemissionen ausgesetzt bin? Dann ist wahrscheinlich die Station jetzt als Beispiel an der Corneliusstraße diejenige, die meine Belastung im Moment am besten abbildet. Oder befinde ich mich eher in so einem städtischen Hintergrund. Also, das ist manchmal schwierig, das selber einzuordnen.
[00:50:41] Stephan Dalügge: Zurück zu den Studien. Da modellieren Sie das dann deutlich genauer mit den Messdaten und dann mit Modellierung. Welche Störvariablen gibt es da? Wie rechnen Sie die raus?
[00:50:51] Barbara Hoffmann: Wenn wir die Effekte von potenziell schädlichen Dingen, Schadstoffen, in der Umwelt untersuchen, haben wir immer das Problem, dass wir die Sachen ja nicht, wie in einer medizinischen Studie, wo es zum Beispiel um ein Medikament geht, wir können ja die Schadstoffe nicht zufällig zuordnen. Wir können ja nicht irgendwie losziehen und sagen: „Du wohnst jetzt zwei Jahre lang in schlechter Luft und du wohnst jetzt zwei Jahre lang in guter Luft und dann gucken wir mal am Ende der Zeit, ob du jetzt mehr krank geworden bist als dein Kollege hier.” Das geht ja nicht. Aus verschiedenen Gründen. Ethisch geht es nicht, aber es geht auch einfach nicht, weil wir Langzeitbelastungen den Leuten nicht zufällig zuweisen können.
Das heißt, wir haben immer das Problem, dass die Leute, die im tatsächlichen Leben stark belastet sind, im Vergleich zu denen, die weniger stark belastet sind, dass es da die Möglichkeit gibt, dass sie sich auch in anderen Eigenschaften von den wenig Belasteten unterscheiden. Klassisches Beispiel: Jemand, der an einer stark befahrenen Straße wohnt, wird sich wahrscheinlich auch in anderen Eigenschaften von jemandem unterscheiden, der im Stadtwald wohnt.
[00:52:03] Stephan Dalügge: Vielleicht ist er ärmer und deswegen muss er an einer Straße wohnen, wo es auch laut ist.
[00:52:07] Barbara Hoffmann: Genau. Zum Beispiel in puncto Bildung, Einkommen und Lärmbelastung. Und Bildung und Einkommen sind auch sehr stark… Mit anderen Eigenschaften hängen die zusammen. Eigenschaften, die wichtig sind für das Auftreten von Erkrankungen. Also wir wissen zum Beispiel, dass Leute, die eine niedrige Bildung haben, tendenziell auch sich schlechter ernähren und öfter deswegen Herzerkrankungen oder Diabetes bekommen. Das heißt, diese Effekte müssen wir raus rechnen. Wir wollen ja jetzt den Effekt der Luftverschmutzung messen und nicht den Effekt der niedrigen Bildung. Das bedeutet für die Studien, um sowas raus rechnen zu können, mit statistischen Methoden, dass man das halt erst mal alles erfassen muss. Das heißt, wir fragen die Leute ganz genau: „Was hast du für eine Schulbildung?", „Was hast du für eine berufliche Bildung?”, „Was hast du für einen Lebensstil?”, lange, dicke Fragebögen, wo es um die Ernährung, ums Rauchverhalten, um die Bewegung, um andere Erkrankungen, um Medikation und so weiter geht. Und dann können wir diese ganzen Effekte nachher, mit Hilfe von statistischen Modellen, rausrechnen und den Effekt, den jetzt die schlechte Luft macht, isolieren von den anderen.
[00:53:26] Stephan Dalügge: Eine große Studie, an der Sie mitgewirkt haben, ist die ELAPSE-Kohortenstudie. Und da haben Sie sich ja vor allem auch angeguckt: Hier in Westeuropa, wo wir noch verhältnismäßig niedrige, in Anführungszeichen, niedrige Level haben, wie schädlich sind die?
Können Sie uns einmal schildern, was wir zu dieser Dosis-Wirkungskurve wissen, die wir gerade schon angesprochen haben? Also auf der x-Achse ist quasi die Dosis, auf der y-Achse ist die Wirkung und da ist die Frage: Wie schaut die aus? Ist die linear; flacht die ab?
[00:54:03] Barbara Hoffmann: Ja, die ELAPSE-Studie war ein Teil eines großen Forschungsprogramms, was von einem Forschungsförderer in den USA finanziert wurde. Und Ziel war ganz spezifisch, dass man herausfinden wollte: Wie sieht diese Dosis-Wirkungsbeziehung aus in den Konzentrationsbereichen unterhalb von gesetzlichen Grenzwerten? Also hier in Europa unterhalb von 25 Mikrogramm, in den USA unterhalb von 12 Mikrogramm. Mit dem Ziel herauszufinden: Gibt es vielleicht irgendwo eine Schwelle? Wenn man da drunter ist, macht das Zeug keine Effekte mehr?
Das wäre natürlich extrem wichtig für die Regulierung. Dann könnte man sagen: „Okay, wir setzen dann irgendwann mal den Grenzwert genau da auf die Schwelle und dann sind wir sicher, dass wir keine Gesundheitswirkungen mehr haben.” Das wäre natürlich schön. So, deswegen wurde diese Studie gemacht oder diese Studien gemacht, eine davon eben in Europa. Mit insgesamt 30 Millionen Leuten, wenn ich mich jetzt nicht vertue. Man braucht dann sehr viele Probanden, um eben bei den relativ niedrigen Belastungen tatsächlich das fein genug untersuchen zu können.
Ja, und was wir da herausgefunden haben, war erstens: Nein, es gibt keine Schwelle. Wir haben keinerlei Zeichen gefunden, dass man, wenn man unter irgendeinen Wert kommt, dass dann da keine Wirkungen mehr zu sehen sind. Im Gegenteil, wir haben sogar gesehen, dass in den Regionen, wo die Belastung relativ niedrig war, der Effekt pro Mikrogramm, pro Kubikmeter, sogar eher stärker war als in den Regionen, wo die Belastung höher war. Das heißt, erst mal ist das natürlich irgendwie schwer zu verstehen. Es gibt unterschiedliche Erklärungsansätze dafür. Einer wäre, dass in diesen Regionen vielleicht die Giftigkeit, die Gefährlichkeit dieser Partikelmischung etwas größer ist, weil vielleicht mehr, ein größerer Anteil aus der Verbrennung kommt. Andere Erklärung könnte sein, dass die Bevölkerung, die in diesen Regionen lebt, vielleicht empfindlicher ist, weil sie im Schnitt etwas älter ist als in anderen Regionen oder mehr Vorerkrankungen hat. Wir wissen es nicht so ganz genau.
Auf jeden Fall haben wir gesehen und nicht nur wir, sondern das haben auch die anderen beiden großen Studien, die in Nordamerika durchgeführt wurden, im Prinzip ganz ähnlich gesehen: Die Dosis-Wirkungs-Beziehung ist in den niedrigen Belastungsbereichen steiler als in den höheren. Das heißt, die Wirkung pro Mikrogramm ist höher als bei den höheren Belastungen.
[00:56:46] Stephan Dalügge: Und sagen können, können wir das im Grunde ab dem neuen WHO-Richtwert auch? Also sie haben ja nirgendwo in der Studie… Fast nirgendwo gibt es Konzentrationen unter fünf Mikrogramm oder so pro Kubikmeter. Das heißt, vielleicht gibt es darunter noch eine Schwelle, aber wenn sie darauf wetten müssten, wahrscheinlich nicht?
[00:57:06] Barbara Hoffmann: Also wir haben Konzentrationen deutlich unter fünf in den Studien auch. Also die in der kanadischen Studie, das ging runter bis zwei Mikrogramm oder so ähnlich. Ich habe es jetzt nicht genau im Kopf. Also es gibt durchaus Studien-Regionen, wo es deutlich unter fünf runtergeht, wo man diese Wirkungen noch sieht.
Die Weltgesundheitsorganisation hat vor zwei Jahren ihre neuen Empfehlungen publiziert und da haben sie vorher eine ganz umfangreiche Recherche nach Studien gemacht, vor allen Dingen auch nach Studien dann, die eben im unteren Bereich sind und haben gesehen, dass ab fünf Mikrogramm, ist die Evidenz so stark, dass es schwerwiegende Gesundheitseffekte gibt, dass sie dann eben entschieden haben, fünf nehmen wir als Empfehlungswert. Aber darunter sehen wir auch noch Effekte, die sehen wir aber nicht mehr mit der gleichen Sicherheit, einfach weil da nicht so viele Studiendaten vorhanden sind. Aber es ist auch unter fünf zu sehen, nur die Sicherheit ist nicht so groß.
[00:58:15] Stephan Dalügge: Noch keine… Ah okay, daher die Verwirrung. Ich dachte, vielleicht hatten wir einfach noch nicht... Naja, irgendwo stimmt es: Wir haben noch nicht genug Daten, um das ganz sicher zu sagen, aber wahrscheinlich ist es auch darunter gefährlich. Nur dann wird das Konfidenzintervall größer.
Können Sie es einmal quantifizieren, wie viel Mortalitätsanstieg machen so ein paar Mikrogramm Verschmutzung mehr?
[00:58:36] Barbara Hoffmann: Für PM2,5, das ist so der wichtigste Feinstaub, der immer untersucht wird in den Studien, sehen wir pro 10 Mikrogramm weltweit einen Anstieg der Mortalität um 8%. Also um das jetzt mal zu übersetzen: Jemand der in einer ganz sauberen Stadt bei fünf Mikrogramm lebt und eine Zwillingsschwester in einer Stadt bei 15 Mikrogramm hat – und ansonsten ist alles gleich – da steigt bei der Person mit den 15 Mikrogramm, hat also eine 8% höhere Wahrscheinlichkeit für Sterblichkeit im nächsten Jahr.
[00:59:21] Stephan Dalügge: Und das ist quasi, das ist der globale Durchschnittswert, diese acht Prozent. Wie viel steiler ist das jetzt im niedrigen Bereich?
[00:59:29] Barbara Hoffmann: Richtig, genau. Das ist der Wert jetzt global aus allen Studien. Wenn man jetzt aber bedenkt, worüber wir eben gesprochen hatten, dass das eben keine lineare Beziehung ist, sondern dass die im unteren Bereich steiler ist und dann abflacht. Wenn wir uns jetzt nur diesen unteren Bereich angucken, wenn wir zum Beispiel in unserer ELAPSE-Studie uns das angucken, die also in Europa stattfindet, in Regionen, die eigentlich überwiegend unter 20 Mikrogramm sind, dann ist die Steigung da, liegt die schon bei 12 %. Und wenn man noch tiefer runtergeht, wird sie dann nochmal etwas steiler.
[01:00:08] Stephan Dalügge: Dann lassen Sie uns zu den Grenzwerten kommen. Also in der EU sind wir noch bei 25, wenn wir jetzt beim PM2,5 bleiben, bei 25 Mikrogramm pro Kubikmeter als Grenzwert. Und die WHO empfiehlt mittlerweile fünf, ideal wäre null wahrscheinlich. Wie alt sind die Grenzwerte? Wie kam man damals drauf? Dachte man tatsächlich, das ist darunter nicht so schlimm? Oder hat man das eben abgewogen mit wirtschaftlichen Aspekten?
[01:00:38] Barbara Hoffmann: Die Grenzwerte, die wir zurzeit haben, die stammen aus dem Jahr 2008. Da hatte die WHO kurz vorher, im Jahr 2005, ihre damaligen Empfehlungen geäußert und publiziert. Und damals hat die WHO für den PM2,5-Wert einen Wert von zehn Mikrogramm pro Kubikmeter vorgeschlagen. Als dann die Regierungen zusammensaßen und ein Gesetz für Europa machen wollten, haben sie sich gedacht, die 10 Mikrogramm… Also das war ihnen wohl relativ klar, dass sie das nicht erreichen wollen, bis dann das Gesetz tatsächlich in Kraft tritt und scharf gestellt wird – es gibt ja immer so Übergangsfristen. Und man… Die genauen Inhalte der Verhandlungen kenne ich natürlich nicht, aber man hat sich damals entschieden, nicht der Wissenschaft zu folgen, sondern diesen wirklich schon damals nicht angemessenen Grenzwert von 25 Mikrogramm festzusetzen. Wohl wissentlich, dass das für den Gesundheitsschutz absolut inadäquat ist.
[01:01:55] Stephan Dalügge: Halten Sie eigentlich Grenzwerte für das beste Mittel oder sollte man vielleicht über Besteuerung der ein oder anderen Art, riesige Besteuerung für Kamine oder generell fossile Brennstoffe viel teurer besteuern und das so einpreisen, darüber arbeiten?
[01:02:13] Barbara Hoffmann: Naja, das eine schließt das andere nicht aus. Zurzeit werden ja die Grenzwerte überarbeitet. Und bevor das begonnen hat, hat die EU oder vielmehr die Europäische Kommission mal geguckt: Wie hat denn dieses letzte Gesetzeswerk eigentlich funktioniert? Das war der sogenannte Fitnesscheck. Da haben sie also die alte Luftqualitätsrichtlinie von 2008 mal überprüft: Wie gut hat die funktioniert? Und die sind zu dem Schluss gekommen: Nur verbindliche Grenzwerte funktionieren. Und die anderen Sachen, die da drinstehen: Irgendwelche Zielwerte oder auch irgendwelche freiwilligen Dinge, die man noch darüber hinaus machen könnte; das wirkt nicht wirklich gut. Wie gesagt, das ist die Schlussfolgerung der Europäischen Kommission, nicht meine persönliche.
Und daraufhin haben sie dann eben gesagt: „Okay, ja…” – sie haben natürlich auch geguckt, wie ist die Situation jetzt in Europa – und sind zum Schluss gekommen: „Ja, wir müssen die Gesetze, die Luftqualitätsrichtlinie überarbeiten”, und sie sind zu dem Schluss gekommen: „Wenn wir sie überarbeiten, dann müssen wir auch die Grenzwerte strenger machen, weil nur das ist wirklich effektiv und hilft.”
So. Einen Grenzwert alleine festzusetzen, reicht natürlich jetzt erstmal nicht. Man muss natürlich dann auch dafür sorgen, dass die Emissionen runtergehen. Und dazu gibt es auch europäische Gesetze, die das vorsehen. Also, die bekanntesten, was eigentlich fast jeder kennt, sind die Euronormen, also Euro 5, 6, 7…
[01:03:50] Stephan Dalügge: 5 und 6 für die Autos…
[01:03:51] Barbara Hoffmann: … und so weiter, für die Autos, wo die Emissionen begrenzt werden sollen, mehr oder weniger gut und stark. Und das gibt es also für die unterschiedlichsten Quellen. Also für den Verkehr sind es die Euronormen, dann gibt es das für Industrieanlagen, das ist die Industrial Emission Directive. Dann gibt es das für den landwirtschaftlichen Sektor. Also es gibt unterschiedlichste Gesetzeswerke, die dann die Emissionen für einzelne Quellen reduzieren. Und es gibt auch noch ein Gesetzeswerk auf europäischer Ebene, wo für jeden Wirtschaftssektor, also für die Energieerzeugung, für den Verkehr, für die Landwirtschaft und so weiter, jeweils Obergrenzen der erlaubten Emissionen festgesetzt werden.
Also das muss man dann schon kombinieren. Und dann haben natürlich auch die Länder noch Möglichkeiten, eigene lokale Regeln zu erlassen. Und was die einzelnen Länder dann darüber hinaus noch machen, ist dann im Prinzip in deren Betreiben. Und es gibt auch noch, ja, Regionen, die ja dann für die Einhaltung der Luftgrenzwerte zuständig sind, die dann natürlich auch noch ein paar Werkzeuge in der Hand haben. Und da ist wieder das berühmteste Werkzeug, was da benutzt wird oder was immer diskutiert wird, waren: Als wir in Deutschland die Grenzwerte für Stickstoffdioxid nicht eingehalten haben, waren dann die Fahrverbote, die ja riesige Wellen geschlagen haben. Also das sind so, dann sozusagen die letzten Strohhalme, zu denen dann die Städte noch greifen können, wenn das Land und auch die europäischen Regelungen nicht dafür gesorgt haben, dass die breiten Emissionen runtergehen, dann kann man halt noch vor Ort bestimmte Sachen machen.
[01:05:49] Stephan Dalügge: Die klingen ja wahrscheinlich auch erstmal sympathisch, diese Fahrverbote. Die Deutsche Umwelthilfe klagt dann, man wehrt sich irgendwie gegen die hohen Belastungen. Die versucht, die Stadt dazu zu zwingen, das durchzusetzen, aber es gibt auch Sorgen, ob die wirklich effektiv waren, oder? Oder ob die zu mehr Ausweichverkehr dann geführt haben. Glauben Sie, die haben was gebracht, letztendlich?
[01:06:13] Barbara Hoffmann: Also ich würde sagen, unter Zwang eingeführte Fahrverbote sind wenig effektiv, weil sie die Bevölkerung gegen an sich sinnvolle Maßnahmen zur Reduktion des Verkehrs dagegen in Stimmung bringen. Und das ist auch keine langfristig angelegte Strategie, um unsere Umwelt gesünder zu machen. Und so wie sie dann zum Teil in Deutschland umgesetzt wurden, können sie im schlimmsten Falle kontraproduktiv sein. Das macht also ganz wenig Sinn, einen Straßenabschnitt zu sperren, sodass dann ein Ausweichverkehr über andere Straßenabschnitte geht, der vielleicht dann sogar länger ist, wo dann die Autos im Stau stehen und besonders viel emittieren. Dann verlagert man lediglich die Gesundheitseffekte von der einen Straße im schlimmsten Falle auf mehr Leute in der anderen Straße, wo jetzt die Konzentration ansteigt. Das ist, also denke ich, wenig sinnvoll.
Was sinnvoll ist, sind wirklich gut geplante und umgesetzte Zonen, in denen wenig Emissionen sind. Also in London kennen wir die Low Emission Zone, wo generell von Individualverkehr mit Verbrennungsmotoren das reduziert wird und stattdessen wir öffentlichen Nahverkehr haben, beziehungsweise der Individualverkehr, der noch notwendig ist, zum Beispiel Krankenwagen, Taxen und so weiter, der dann möglichst durch eben ganz emissionsarme Fahrzeuge gestaltet wird. Aber generell ist, um unsere Städte gesünder zu machen, ist es wichtig, dass wir den Verkehr, den Individualverkehr, aus den Städten rausholen und dafür sogenannte aktive Mobilität gefördert wird.
Die ist aus vielerlei Sicht extrem gesundheitsförderlich. Also unter aktiver Mobilität versteht man Gehen, Fahrradfahren, ÖPNV und dann natürlich so diese Roller und sowas alles. Die sind aus ganz vielen Sichtweisen heraus extrem gesundheitsförderlich. Also einmal werden dadurch natürlich Emissionen reduziert und die Luft wird sauberer. Lärm wird reduziert, das ist ja auch ein ganz wichtiger Gesundheitsfaktor und schädliche Exposition, unter der wir in den Städten leiden. Dann wird dadurch der Platzverbrauch, den der Verkehr hat, reduziert, sodass man möglicherweise auch mehr Grünflächen in die Städte reinholen kann, was dann wiederum die Hitzebelastung in den Sommern reduzieren wird, weil Grünfläche wie so eine Klimaanlage wirkt. Und natürlich die aktive Bewegung extrem gesundheitsförderlich ist. Also das ist, wenn man selber was für seine Gesundheit tun will, das ist das Wichtigste, was man tun kann, sich selber zu bewegen.
Und wenn man diese Bewegung dann auch noch einbettet, in seinen normalen Tagesablauf, sodass es ganz normal ist: Wenn ich zur Arbeit will, steige ich auf mein Fahrrad und dann habe ich vor der Arbeit schon mal 20 Minuten Bewegung und auf dem Rückweg wieder und ich mich nicht in den Hintern treten muss, ins Fitnessstudio zu fahren mit dem Auto, sondern das wirklich Teil meines normalen Tagesablaufes wird, das ist eigentlich das Beste, was man machen kann. Und wenn das dann eben noch in einer sauberen Stadt stattfindet, mit guter Luft und vielleicht auf schönen, grünen, sicheren Fahrradwegen, dann…
[01:09:44] Stephan Dalügge: Nicht neben dem großen Verkehr.
[01:09:46] Barbara Hoffmann: Nicht neben dem großen Verkehr, genau. Dann bietet das einem selber riesige Vorteile für die Gesundheit, aber auch für die Lebensqualität. Und auch die Lebensqualität in der Stadt steigt dadurch an. Also das ist das eigentlich, wo wir hin müssen. Nicht kurzfristige, kurzstreckige Streckensperrungen, die alle Leute nur aufbringen gegen irgendwelche Maßnahmen, sondern wirklich, dass man das gut plant, dass die Städte einfach lebenswerter werden, wo man sich dann auch gerne bewegt, wo man dann auch gerne und sicher mit dem Fahrrad oder zu Fuß oder mit dem ÖPNV von A nach B kommt, wo man die Kinder auch mit dem Fahrrad wieder zur Schule fahren lassen kann und die sich dadurch auch direkt daran gewöhnen, dass es normal ist, aufs Fahrrad zu steigen. Das ist eigentlich das, wo wir hin müssen und nicht irgendwelche kleinräumigen Sperrungen.
[01:10:39] Stephan Dalügge: Ja. Halten Sie diese städtischen Maßnahmen für den größten Hebel, den wir so haben? Oder sind das dann diese Standards für verschiedene Sektoren und auch eben die gesamten Grenzwerte auf EU-Ebene? Und wie optimistisch können wir da sein, dass die sich in den nächsten Jahren ändern?
[01:10:57] Barbara Hoffmann: Also die Veränderungen unserer Städte, das ist nur ein Teil. Veränderungen unserer Städte brauchen wir ja auch, ich sag mal, nicht nur für die Luftqualität, sondern die gleichen Dinge sind ja auch wichtig für den Klimaschutz. Einerseits, um unsere Klimagase zu reduzieren – das ist ja im Prinzip genau das Gleiche – aber auch um unsere Städte und uns selbst resilienter zu machen gegenüber den Änderungen, die der Klimawandel ja jetzt schon bringt und auch noch mit sich bringen wird. Das heißt, was ich eben nannte mit den Grünflächen: Das ist total wichtig, dass wir wegkommen von diesem ganzen Beton und Asphalt, der sich dann so aufheizt. Das sehen wir ja jetzt schon, dass die Innenstädte zum Teil zehn Grad wärmer sind als draußen im Stadtwald. Dass wir deswegen eben hinkommen zu diesen veränderten Städten, wie ich sie eben skizziert habe. Das ist eine wichtige Sache.
Was wir aber für die Luftqualität und auch für den Klimaschutz brauchen, sind eben die anderen Sektoren auch. Also nur ein Sektor, nur den Verkehr, das reicht nicht. Das ist ein Puzzlestück. Wir müssen an alle Sektoren ran, was die Emissionen angeht, sowohl die Emissionen von Luftschadstoffen als auch die Emissionen von Klimagasen. Das heißt, wir müssen natürlich unsere Energieerzeugung umstellen. Kohle raus. Wir müssen auch Landwirtschaft – da hatte ich ja gesagt, das ist ein ganz wichtiger Emittent von Vorläufersubstanzen für Luftschadstoffe. Landwirtschaft ist aber auch ein ganz wichtiger Emittent für klimarelevante Gase. Das heißt, wir müssen unsere Landwirtschaft und unsere Ernährung umstellen. Ja, Haus-Heizungen, da haben wir eben schon drüber gesprochen, was die Kamine so anrichten. Bei uns selbst und bei unseren Nachbarn. Und fürs Klima. Die sind nämlich mitnichten klima- ja, schützend, sondern sie sind ausgesprochen klimaschädlich, auch wenn uns die Industrie da was anderes erzählen will.
Ja, alle diese Dinge müssen passieren, um einerseits die Luftqualität und die Gesundheit zu erhöhen, aber eben auch, um die Klimagasemissionen zu reduzieren und unsere Städte und unsere Gesundheit an die schon nicht mehr zu verhindernden Klimaauswirkungen anzupassen, dass eben die Gesundheitsauswirkungen nicht so stark sein werden.
[01:13:24] Stephan Dalügge: Ein vermeintliches Dilemma, was mir in der Recherche begegnet ist, ist dass Luftverschmutzung ja eine etwas kühlende Wirkung hat. Und wollen wir das dann wirklich verringern, wenn dann doch mehr Hitze die Folge sein könnte? Das ist kein echtes Dilemma, nicht wahr? Weil viel von der Luftverschmutzung eben durch Fossile kommt, sodass der Effekt nur ein bisschen weniger schlimm ist.
[01:13:49] Barbara Hoffmann: Ja, ja. Da gab es vor einiger Zeit einen großen Artikel – ich weiß jetzt gar nicht, im Guardian oder sonst irgendwo – da haben wir alle nur den Kopf geschüttelt und da wurde also gezeigt, ja also Indien: Katastrophal schlechte Luft durch die Kohleverbrennung und den Verkehr und natürlich auch die Heizungen, beziehungsweise im Sommer die Klimaanlagen und so weiter. Naja: Katastrophal schlechte Luft und dann hieß es: „Ja, um Gottes Willen, wenn wir jetzt die Luftqualität verbessern, weil wir die fossilen Energieträger abschalten, dann würde die Luft ja so viel besser werden und dann wäre die kühlende Wirkung der Luftschadstoffe, also die Blockierung der Sonne, nicht mehr so stark und es würde sich noch stärker aufheizen.” Ja, das ist natürlich sehr kurz gedacht, denn wenn wir weiter so machen, dann das Betreiben oder die Nutzung von fossilen Brennstoffen macht ja dann eben auch die Klimawirkung immer stärker.
[01:14:48] Stephan Dalügge: Also zum einen ist es zynisch eigentlich, weil man sagt: „Okay, dann akzeptieren wir riesige Gesundheitseffekte”, und zum anderen ist das nicht mal ein echtes Dilemma?
[01:14:58] Barbara Hoffmann: Ja: Mach weiter mit der Sache, die schadet, weil sie nämlich bei einer ganz kleinen Sache jetzt, was sozusagen das Blockieren des Sonnenlichts anbelangt, da dann tatsächlich natürlich ein bisschen zu einer Kühlung beiträgt. Ja: Wenn ich im Schatten bin, dann ist die Sonneneinstrahlung nicht so stark, aber die Wirkung, die wir durch das weitere Betreiben und Produzieren dieser Schadstoffe machen, die ist ja so viel stärker dann wiederum auf den Klimawandel. Also es ist ja zynisch und absurd.
[01:15:30] Stephan Dalügge: Zum Abschluss, erzählen Sie vielleicht noch einmal kurz, wie das war, an den WHO-Richtwerten mitzuwirken? Das finde ich interessant. Treffen sich dann alle Epidemiologen auf großen Konferenzen? Haben Sie da was begutachtet? Sie waren eine der gut 100 Sachverständigen, die an der Formulierung der neuen Richtwerte mitgearbeitet hat.
[01:15:49] Barbara Hoffmann: Ja, ich war eine der externen Gutachterinnen, die nachher das Werk sozusagen durchgegangen sind und kommentiert haben. Und wir haben auch mit einer systematischen Übersichtsarbeit zu einem Kapitel mit beigetragen. Ja, also ich meine, das ist natürlich eine aufregende Veranstaltung. Zog sich über viele Jahre hin. Die WHO hat halt immer wieder Treffen organisiert, wo man sich dann meistens in Bonn, wo das eben federführend lief, getroffen hat und einzelne Kapitel durchgegangen ist und Methoden auch besprochen wurden.
Ja, man trifft viele Kollegen dabei, es ist aufregend da mitzumachen und solche, ja, es ist ja schon ein extrem wichtiges Werk, was da geschaffen wird, wenn da die ganze Evidenz mal so auf, weiß ich nicht, 300, 500 Seiten mal zusammen gedampft wird und präsentiert wird, da mit dabei zu sein, beziehungsweise das dann nachher zu begutachten und noch weitere Vorschläge zu machen. Ja, spannende Sache und wichtig und das ist ja auch so ein Punkt, warum wir hier in diesem Job arbeiten, weil wir wollen ja, dass es besser wird und wenn man dann dazu beitragen kann zu so einem Werk, das dann nachher in der Politik eine ganz, ganz wichtige Rolle spielt und wir das dann nachher auch nehmen und den Politikern zeigen und auch nochmal erklären und übersetzen und das bedeutet dann ganz praktisch für irgendwelche politischen Entscheidungen, dass man das und das und das macht. Ja, eine schöne Sache.
[01:17:23] Stephan Dalügge: Schöne Arbeit, ja. Wissen Sie, wie das derzeit läuft auf EU-Ebene? Es wird ja auch gerade diskutiert, ob die EU neue Richtwerte bekommt. Werden die sich orientieren an der WHO? Wie optimistisch sind sie überhaupt, dass das durch Kommission und Rat und Parlament geht?
[01:17:42] Barbara Hoffmann: Ja, Stand heute, also Mitte Dezember, sieht es so aus: Vor einem Jahr hat die Europäische Kommission ihren Gesetzesvorschlag veröffentlicht. Und da hat sie für Europa – und ich nehme jetzt mal nur PM2,5 als Beispiel und nicht die ganzen anderen Sachen auch noch – einen Grenzwert von zehn Mikrogramm pro Kubikmeter vorgeschlagen. Da war der Vorschlag der WHO, oder die Empfehlung, unter fünf zu gehen, schon veröffentlicht. Also da ist die Kommission da doch deutlich hinter der wissenschaftlichen Evidenz zurückgeblieben und hatte aber schon eine ganze Menge auch wirklich gute Sachen in ihrem Entwurf drinstehen.
Das EU-Parlament hat dann diesen Entwurf genommen und hat den weiter bearbeitet und seine eigenen Vorschläge da reingeschrieben und entsprechend verändert. Und das Parlament ist da wirklich einen großen Schritt gegangen und hat gesagt: „Okay, 2030 die zehn Mikrogramm in Europa und 2035 wollen wir dann aber als Grenzwert die WHO-Richtwerte haben.” Das ist also ein toller, wichtiger Schritt gewesen, den das Parlament da gegangen ist. Und auch wirklich dieses Commitment, dass man sagt: „Wir wollen uns in Europa an den wissenschaftlichen Erkenntnissen messen und wollen dadurch eben auch unsere Bevölkerung schützen vor den ganzen Gesundheitswirkungen.”
Ja, das war toll. Wir haben uns sehr gefreut, dass dieses Parlament diesen Schritt gegangen ist und das so verabschiedet hat. Leider – die Freude war jetzt nicht allzu lang – zwei Monate später, also jetzt vor drei Wochen, glaube ich, hat der Ministerrat der EU seine Position verabschiedet. Und die ist, ehrlich gesagt, katastrophal, wenn ich mir das so anschaue. Also de facto bedeutet die Position des Ministerrates jetzt, dass im Jahr 2046 ein Grenzwert von zehn erreicht sein muss. Ja. Das ist ziemlich erschreckend. Denn 2046, das sind jetzt noch 23 Jahre, und da sollen wir es in Europa nicht schaffen, tiefer runterzukommen?! Also das ist… Wir wissen ja, was getan werden muss. Wir sind ja auf einem guten Weg. Mit einigen zusätzlichen Bemühungen, die wirklich überschaubar sind, können wir deutlich schneller runterkommen und können auch in den allermeisten Regionen bis 2035 die WHO-Empfehlungen erreichen.
In einigen Regionen würden wir es vielleicht noch nicht schaffen, aber da müsste man dann halt noch entsprechend die unterstützen darin und ihnen dann noch Mittel an die Hand geben, dass sie das eben auch erreichen können. Anstatt zu sagen: „Ach ja, mein Gott, wir lassen es jetzt einfach mal so laufen und 2046 stellen wir dann erst wirklich…”
[01:20:39] Stephan Dalügge: … irgendwelche anderen verantwortlich…
[01:20:41] Barbara Hoffmann: „… die lockeren Grenzwerte scharf und ja, bis dahin nehmen wir all diese Gesundheitseffekte in Kauf.” Wir haben ja bisher überwiegend über die Mortalität gesprochen und die Zahlen an vorzeitigen Todesfällen. Aber das ist ja nicht alles. Es sind ja auch die Asthmaanfälle bei den Kindern, die Schlaganfälle bei den alten Menschen, die Demenzfälle bei den alten Menschen. Da sind ja so viele Dinge, die unser Gesundheitssystem und unsere Gesellschaft belasten und das sollen wir einfach weiter so in Kauf nehmen? Für die nächsten 23 Jahre? Also ich finde das unglaublich.
[01:21:13] Stephan Dalügge: Schrecklich unambitioniert auch. Es sind dann sowieso andere verantwortlich und dann ruht man sich erstmal aus. Wissen wir, wie das politisch ist? Wird das von ein paar Ländern – Osteuropa hat etwas höhere Level, Südeuropa hat etwas höhere Level – wird das blockiert? Tritt Deutschland dafür ein, dass das schneller geht und dass das mehr so ist, wie das EU-Parlament das vorgeschlagen hat?
[01:21:37] Barbara Hoffmann: Ja, die Länder spielen natürlich jeweils unterschiedliche Rollen. In Europa gibt es natürlich Länder, die sehr viel progressiver sind und es gibt Länder, die bremsen. Die Länder, also zum Beispiel gehören Italien, die ein großes Problem in der Lombardei haben, generell zu denen, die weniger ambitioniert sind; dann die Länder, die stark noch Kohle verbrennen, unter anderem Polen, sind in aller Regel eher die Bremser. Aber auch Deutschland hat sich jetzt hier nicht zu den Progressiven geschlagen, so wie ich das mitbekommen habe, sondern war da eher als Bremser tätig, was ich sehr enttäuschend finde.
Ja, wir werden sehen. Jetzt im Moment findet der sogenannte Trilog statt, wo die Europäische Kommission und der Ministerrat und das Europäische Parlament gemeinsam versuchen, jetzt aus diesen drei Entwürfen einen Kompromiss zu finden und ich hoffe sehr, dass sich die Stimme der Vernunft und die Stimme der Gesundheit da durchsetzen kann und der Kompromiss wirklich dazu führt, dass wir einen besseren Schutz der Bevölkerung erzielen in Europa.
[01:22:56] Stephan Dalügge: Mit diesem schönen Schlusswort: Vielen Dank für das Gespräch.
[01:22:59] Barbara Hoffmann: Gerne.